Woche der Brüderlichkeit Projekte |
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II "Keinem Volk Jugoslawiens wird die kulturelle und geistige Identität so massiv vorenthalten wie dem serbischen Volk." So stand es im Memorandum SANU geschrieben, einer geheimen Denkschrift. Verabschiedet worden war die Denkschrift während einer Sitzung der Serbischen Akademie der Wissenschaften und Künste. Da sich kein Akademiemitglied öffentlich gegen diese Schrift äußerte, muß allgemeiner Konsens geherrscht haben. In dem Schriftstück wurden einige Thesen formuliert, in denen die düstere Situation des serbischen Volkes in Jugoslawien festgestellt und Änderungsvorschläge gemacht wurden. Beklagt wurden besonders die wirtschaftliche Diskriminierung Serbiens, die ungeklärten staatsrechtlichen Beziehungen Serbiens zum Bundesstaat und zu den autonomen Provinzen Vojvodina und Kosovo, der "Völkermord" an den Serben im Kosovo und die Unterdrückung der Serben in Kroatien. Eine Änderung der Verhältnisse sollte mit der "demokratischen Mobilisierung aller geistigen und moralischen Kräfte des serbischen Volkes" und durch eine unitaristische Staatsform erreicht werden. Die Klagen wurden zu einer Zeit erhoben, als Serben über folgenden Besitzstand in Jugoslawien verfügten: Staatlich subventionierte Betriebe befanden sich überwiegend in Serbien oder in den serbisch besiedelten Gebieten von Kroatien und Bosnien. Der Großteil der in Slowenien und Kroatien erwirtschafteten Devisen ging nach Belgrad [...] Die geheime Denkschrift der Akademie kursierte inoffiziell in über einer Million Exemplaren in Serbien, bevor sie einige Zeit später in einer serbischen und einer kroatischen Zeitschrift veröffentlicht wurde. Die dort geforderte "Mobilisierung" brachte Milosevic an die Regierung, der das Programm unter Einschluß älterer und noch umfassenderer Vorstellungen sogleich umzusetzen begann. Bis heute konnte er dabei auf die unterstützung der Akademie rechnen [...] Die Akademie und der Schriftstellerverband sind die Foren, wo die Eliten von Wissenschaft, Kunst, Regierung und Opposition friedlich zusammensitzen, sich besprechen und Pläne schmieden. Einig ist man über das Ziel einer Veränderung der Grenzen auch mit kriegerischen Mitteln, während die Meinungen über den zu erwartenden Erfolg und die in Kauf zu nehmenden Opfer auseinandergehen. Angesichts dieser geballten Autorität ist es für das serbische Volk nahezu unmöglich nicht zu glauben, was dort gesagt und für nötig befunden wird. Dies gilt umso mehr, als die serbisch-orthodoxe Kirche sich nicht widersetzt. (Dietmar Hecht) |
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