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Vierecke

Kosov@
Eine kleine Kosov@-Dokumentation

... zusammengestellt von Klaus Popa - Meschede
Teil II

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Hansjörg Eiff, ehemaliger Botschafter der BRD in Belgrad 1988-1992 schreibt über die Vorgeschichte der Jugoslawienkriege:

"Im kommunistischen Jugoslawien gab es keine ethnische Unterdrückung eines Volkes durch ein anderes, dafür eine mehr oder weniger gleichmäßige Unterdrückung vom Witz bis zum Mord reichender Erscheinungen von "Nationalismus" durch das kommunistische Regime. Tito legte auf "Ausgewogenheit" der Unterdrückung größten Wert. So folgte der Repression des kroatischen Frühlings Anfang der 70er Jahre die Elimination des serbischen "Liberalismus und Nationalismus" auf dem Fuß. Anders als im Vorkriegs-Jugoslawien hatte im Tito-Staat keine Nation die Vorherrschaft. Mit Ausnahme der Zeit des Rankovic-Regimes im Kosovo m.E. auch die Serben nicht.

Das Fehlen einer demokratischen Streitkultur, in der die nationalen Probleme offen und kompromiß-orientiert hätten erörtert werden können, brachte es mit sich, daß sich gegenseitige Feindbilder verfestigten. Die Ressentiments hatten alle einen realen und einen psychologischen Anteil. [...]

[...] Im bedenkenlosen Umgang mit Bedrohtheitshysterien der eigenen Bevölkerung, der zu realen Katastrophen geführt hat, sind jedoch Parallelen in einigen Fällen durchaus gegeben. Dies zeigen drei Beispiele:

1. Die Fehlentwicklung des Demokratisierungsprozesses wurde am frühesten deutlich in Belgrad. Dort hatte es immer starke Strömungen gegeben, die dem vermeintlichen Verlust serbischer Größe in Titos Jugoslawien nachtrauerten und die Gewährung voller Autonomie an die beiden Provinzen Wojwodina und vor allem Kosovo im Jahre 1974 als dringend wiedergutzumachendes Unrecht ansahen. Im Kosovo, der Wiege mittelalterlicher serbischer Staatlichkeit, verminderte sich der Anteil der Serben unter dem demographischen Druck der Albaner laufend. Obwohl die Serben in der Gegenwart nicht mehr oder weniger zu leiden hatten als andere Jugoslawen, wollten Belgrader Intellektuelle, kirchliche Kreise und und die unmittelbar Interessierten die Lage der Serben im Kosovo, in grotesker Übersteigerung der gewiß nicht sonnigen Realität, als Verlängerung des Genozids am serbischen Volk aus dem 1. und 2. Weltkrieg sehen. Diese Strömungen machte sich Milosevic zunutze. Er versprach, die Größe Serbiens wiederherzustellen, während die Herstellung rechtsstaatlicher und demokratischer Verhältnisse in ganz Serbien für alle seine Bewohner vordringlich gewesen wäre. Die Folgen dieser strategischen Fehlentscheidung Milosevic's, den ich nicht so sehr als ideologischen Nationalisten wie als skrupel- und emotionslosen Machtpolitiker einschätze, sind bekannt: Rücknahme der Autonomie von Wojwodina und Kosovo; gewaltsame Unterdrückung der Kosovo-Albaner; Einsatz der Straße gegen legale Institutionen, unter dem Etikett "antibürokratischer Revolution". In Milosevic's Rede anläßlich der 600-Jahrfeier der Amselfeldschlacht im Juni 1989 trat ein erschreckendes Verhältnis zu Krieg und Gewalt zu Tage. [...]"

Ein Berufskraftfahrer sagte im Januar 1992, als Eiff seinen letzten Besuch als Botschafter in Sarajewo machte: "Niemand sei wirklich bedroht, doch hätten die Führer aller Parteien, und die der Serben nannte er mit Namen, ihren Leuten so sehr eingeredet, sie seien bedroht, daß es jetzt genügend Leute glaubten, und deswegen werde es bald zum Krieg kommen. [...]" "[...] natürlich werde auch er schießen, denn wenn er es nicht tue, erschössen ihn seine eigenen Leute als Verräter. [...] Dies war nur eines von zahlreichen Gesprächen, in denen ich mich vergeblich um einleuchtende Gründe für die Behauptung der Bedrohtheit des serbischen Volkes in Bosnien bemüht hatte. Der Irrationalismus war auch bei Doktoren und Professoren nicht zu überwinden; er verstärkte sich vielmehr stetig und führte zu den bekannten schrecklichen Resultaten. [...]"

(Hansjörg Eiff, Zur Entwicklung im früheren Jugoslawien, in: Südosteuropa Mitteilungen, 33. Jg., Nr.2/1993, S.135f., 137. Hervorhebungen Klaus Popa).

(Klaus Popa)

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