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Vierecke

Woche der Brüderlichkeit 2000
Rede des Bürgermeisters Benedikt Ruhmöller

... Fortsetzung
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Wie sagte der Papst bereits vor einigen Jahren (ich zitiere):
Das Eingestehen des Versagens von gestern ist ein Akt der Aufrichtigkeit und des Mutes, der uns dadurch unseren Glauben zu stärken hilft, daß er uns aufmerksam und bereit macht, uns mit den Versuchungen und Schwierigkeiten von heute auseinandersetzen.

Diese Einsicht wird gleichermaßen von den evangelischen Christen vertreten. Bereits vor einigen Monaten verabschiedete die Evangelische Landeskirche von Westfalen eine Denkschrift zum Thema "Christen und Juden". Darin distanziert sich die evangelische Kirche u.a. von judenfeindlichen Äußerungen Martin Luthers und erklärt offiziell den Verzicht auf jede weitere Missionierung von Menschen jüdischen Glaubens - mit dem zutreffenden Hinweis darauf, daß derjenige, der ja bereits bei Gott ist, nicht mehr über den Sohn zum Vater gelangen müsse. Die sog. Hauptvorlage der Landeskirche wird im Rahmen unserer "Woche der Brüderlichkeit" am 16. März im Pauluszentrum von Superintendent Erhard Nierhaus, bis letztes Jahr bekanntlich Gemeindepfarrer in Ahlen, zur Diskussion gestellt.

Wenn heute allseits - sicher auch gestärkt durch den zunehmenden zeitlichen Abstand - die Bereitschaft zur Erinnerung an die schreckliche, grausame Nazi-Zeit in Deutschland, auch die Bereitschaft zum Schuldbekenntnis wächst, dann müssen wir uns natürlich erst recht der Frage stellen, wie wir uns jetzt gegenüber den noch lebenden Opfern dieser Zeit verhalten. Wie begegnen wir den Menschen, die - auch - hier in Ahlen verfolgt, gequält und in harter Zwangsarbeit geknechtet und ausgebeutet worden sind; wie werden wir diesen Menschen gerecht, die hier in Ahlen vor sechzig Jahren schrecklich gelitten haben und darunter ihr ganzes Leben lang leiden mußten?

Auch diese aktuelle, akute Frage nach der Entschädigung der Zwangsarbeiter/innen sollte in dieser "Woche der Brüderlichkeit", in der wir nach Wegen zu einer geschwisterlichen Gesellschaft suchen, diskutiert werden. Ich möchte an dieser Stelle nur Dreierlei sagen:

  1. Ich danke allen, die sich hartnäckig und nachhaltig dafür eingesetzt haben, daß das Thema der Zwangsarbeit hier in Ahlen auf die Tagesordnung kommt und diskutiert wird. Da geht es nicht darum, jemandem die eigenen Moralvorstellungen vorzugeben; quasi einen Alleinvertretungsanspruch für die beste Moral zu behaupten. Aber es geht schon darum, die Geschichte dieser Stadt auch in ihren schrecklichen Phasen wahrzunehmen, sich dazu zu bekennen und die richtigen Konsequenzen aus dieser Geschichte zu ziehen. Auch in Form einer Entschädigung der Opfer unserer Geschichte.
  2. Ich bin sehr froh darüber, daß sich die Städte und Gemeinden des Landes Nordrhein-Westfalen durch ihren Spitzenverband dazu bereit erklärt haben, einen erheblichen Beitrag zu dem staatlichen Anteil des Entschädigungsfonds für die Zwangsarbeiter/innen zu leisten. Ich bin froh, daß der Gemeindekongreß in Münster am letzten Donnerstag einhellig die Mitverantwortung der Kommunen für das Unrecht der Zwangsarbeit eingesehen hat und die Mitfinanzierung der staatlichen Entschädigungsleistung durch eine Berücksichtigung im Landesfinanzausgleich uneingeschränkt akzeptiert wurde.
  3. Schließlich bin ich voller Hoffnung, daß wir uns hier in Ahlen weiterhin intensiv und aktiv mit den Themen der Judenverfolgung, der Zwangsarbeit und insgesamt mit dem Unrecht der Nazi-Zeit auseinandersetzen werden. Der Stadtrat hat in seiner letzten Sitzung einmütig beschlossen, daß zum Thema der Zwangsarbeit ein Gremium eingesetzt wird, daß uns fundiert berät und tatkräftig unterstützt. Wir werden in Kürze im Haupt- und Finanzausschuß über die Besetzung des Gremiums entscheiden, und ich möchte jetzt schon um die Mitwirkung all derer bitten, die sich bisher schon für das Aufarbeiten unserer Geschichte einsetzen.

Gestatten Sie mir bitte in aller Kürze einige weitere Gedanken zu einem Thema, das mir besonders am Herzen liegt und indirekt auch mit der "Woche der Brüderlichkeit" in Einklang steht:

Ich freue mich sehr über die Freundschaften und den lebhaften Austausch, die sich im Verhältnis zu unseren Partnerstädten entwickelt haben. Hierbei handelt es sich um eine luxemburgische und zwei deutsche Partnerstädte.

Eine sich modern entwickelnde Stadt wie Ahlen sollte aber heute, da wir alle immer mehr global denken und handeln müssen, da die Menschen einander weltweit immer näher rücken, über eine größere Vielfalt von Partnerstädten verfügen.

Darunter sollte eine englischsprachige Partnerstadt sein (mit einem regen Schüleraustausch im Rahmen des Englischunterrichts), eine osteuropäische Stadt und möglicherweise sogar eine Stadt in der sog. Dritten Welt. Eine Partnerstadt in der Türkei halte ich für naheliegend; eine in Israel nicht für ausgeschlossen.

Siehe auch:

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