Forum Brüderlichkeit
 
InfoNetz Ahlen Impressum Vernetzung

Woche der Brüderlichkeit
- 1999
- 2000
- 2001
- 2002
- 2003
- 2004
- 2005
- 2006
- 2007
- 2008
- 2009

Projekte
- Kosov@
- Zwänge d. Erinnerung
- Islam
- Israels Muskeljuden
- Auschwitz-Tag 2004
- Talmud-Projekt
- 9. November 2004
- 60 Jahre Kriegsende
- 9. November 2007

Vierecke

Woche der Brüderlichkeit 1999
Der "Neue Bund"

Das Schriftband unter dem Tabernakel der Marienkirche
Logo
Linie

Direkt unter dem Tabernakel befindet sich ein Schriftband. Es zitiert eine Zeile des eucharistischen Hymnus "Pange lingua" des Thomas von Aquin aus dem 13. Jahrhundert: "Et antiquum documentum novo cedat ritui." Das wird deutsch meist so umschrieben: "Dieser Bund wird ewig währen, und der alte hat ein End´." Als "Tantum ergo" (Gotteslob Nr. 541) wird dieser Text auch heute noch häufig im Gottesdienst gesungen.

Als bei der Podiumsdiskussion "Katholische Tradition - Jüdisches Leben" die Sprache auf dieses Schriftband kam, erzählte Hans-Hermann Henrix, Berater für Fragen des Judentums der Deutschen Bischofskonferenz, ein bemerk- enswertes Erlebnis aus seiner Jugend: Eines Tages kam seine Mutter entrüstet aus der Kirche nach Hause und sagte: "Das `Tantum ergo´ singe ich nicht mehr!" Wie sich herausstellte, war ihr irgendwie der Antijudaismus jener Liedzeile vom Ende des "Alten Bundes" aufgegangen.

"Ich bin erschrocken!" Das war auch die spontane Reaktion Professor Erich Zengers, eines der Gesprächspartner auf dem Podium, als er von dieser Kombination jüdischer Symbole und christlicher Theologie im Erscheinungsbild der Ahlener Marienkirche erfuhr.

Wahrscheinlich entspringt sie schlichter Naivität. Dem Bauherrn um die Jahrhundertwende war der darin verborgene Antijudaimus vielleicht nicht bewußt. Es ist an der Zeit, das zu ändern.

Was sich als Meßliturgie vor dem Tabernakel mit dem besagten Schriftband abspielt, wird als Opfer des "neuen und ewigen Bundes" verstanden. So heißt es bei den Wandlungsworten über den Wein an zentraler Stelle der Messe. Was hier geschieht ist gleichsam die christliche Fortsetzung des Opfers des "alten", als vergangen aufgefaßten Bundes der Juden. Im Namen dieses "alten Bundes" war im jüdischen Tempel Jerusalems das Opfer dargebracht worden. Im Namen des "neuen und ewigen Bundes" der Christen findet es im Opfer der Kirche, des "neuen Jerusalems", seine erfüllte Vollendung.

Ewig ist das Neue, der Ritus der christlichen Kirche. Vergangen ist das Alte, das Bundes- dokument des jüdischen Tempels. Es hat gemäß solcher Logik seine Existenzberechtigung verloren. Die Christen sind seine rechtmäßigen Erben, die Juden zu Recht enterbt. Um sich aus seinem Schatten endgültig zu befreien, muß man nun den "Erbonkel" malträtieren und treten, wie Evelyn Friedlander sagt.

Siehe auch:

People  
Viereck People Viereck
  People